Andreas Frischherz | Dezember 16, 2021

Die 7 häufigsten Gründe für das Scheitern von Vertriebsstrategien

Wer den Vertriebserfolg nicht dem Zufall überlassen möchte, braucht eine Strategie. Sie gibt die Richtung vor und legt konkrete Vertriebsziele fest. Mit der Strategiearbeit allein ist es allerdings nicht getan. Um von hier nach dort zu kommen, gilt es, auf der operativen Ebene die entsprechenden Wege dafür zu finden. Die 7 häufigsten Stolpersteine in der Umsetzung von Vertriebsstrategien decken wir hier für Sie auf.

Oft sind es nicht die großen Visionen, an denen es im B2B-Vertrieb fehlt – meist ist es die Konsequenz in der Implementierung. Es mangelt an wertorientiertem Pricing und differenzierten Servicelevels, an fokussierter Neukundenakquise und klarer Auswahl der besten Absatzkanäle. Gleichzeitig wächst der Druck, die Vertriebseffektivität konstant zu verbessern – hier lesen Sie, wieso. Also versucht man, mit veralteten Prozessen neue Ergebnisse zu erzielen. Auf ausgetretenen Pfaden sollen neue Wege beschritten werden. Das ist meist zum Scheitern verurteilt. Die sieben wichtigsten Gründe dafür sind:

  1. Cost plus-Ansatz im Preismanagement
    Der Preis ist der wichtigste Ergebnishebel im Unternehmen – und gleichzeitig der am meisten unterschätzte. Das haben wir auch hier festgestellt. Mit Cost plus- und All in-Preisen kann man es sich zwar leicht machen, verzichtet aber auch auf wertvolle Preispotenziale. Denn nur wenn sich das Pricing am wahrgenommenen Kundennutzen orientiert, kann die Preisbereitschaft der Kunden ausgeschöpft werden. Mehr über die Defizite des Cost plus-Preismodells und seine Alternativen lesen Sie hier.
  2. Fehlende Ziele für Neukundenakquise
    Teil eines professionellen Vertriebsmanagements sind segment- und kanalspezifische Betreuungskonzepte. Sie definieren die Aktivitäten, die im Bezug auf unterschiedliche Kundengruppen unternommen werden sollen. Dazu gehören Serviceleistungen wie zum Beispiel die Betreuung durch Außendienstmitarbeiter*innen oder anwendungstechnische Beratungsangebote. Mit wertvollen Ressourcen wie diesen gilt es bewusst umzugehen. Dafür braucht es klare Betreuungskonzepte für Bestandskunden und Neukunden. In unserer Beratungspraxis beobachten wir oft eine Ungleichverteilung von Vertriebsressourcen zugunsten von Bestandskunden. Viele Industrieunternehmen haben keine hinreichend definierten Ziele für die Neukundengewinnung bzw. die Kundenrückgewinnung. Für eine ergebnisorientierte Ressourcensteuerung ist das allerdings eine grundlegende Voraussetzung.
  3. Funktionale Silos
    Dort, wo es Segment- bzw. Einzelkundenstrategien gibt, sind diese oft unzureichend vernetzt. Marketing, Vertrieb, Produktmanagement, Anwendungstechnik und After-Sales Service agieren in funktionalen Silos statt nach einem cross-funktionalen Maßnahmenplan. Wer sich dagegen ein umfassendes Bild der Customer Experience verschafft hat, weiß, dass es für ihre Weiterentwicklung eine gemeinsame Anstrengung über alle Funktionen hinweg braucht. Nur so können segment- bzw. kundenspezifische Ziele konsequent mit Aktivitäten, Initiativen und Interaktionspunkten entlang der gesamten Customer Journey hinterlegt werden.
  4. Unzureichende Ausrichtung der Außendienstorganisation auf Geschäftspotenziale
    Der Zuschnitt der Vertriebsgebiete im Direktvertrieb ist in vielen Industrieunternehmen historisch gewachsen und wird selten in seiner aktuellen Gültigkeit hinterfragt. Dementsprechend sind Außendienstorganisationen oft nicht auf die Geschäftspotenziale abgestimmt, die sich aus einer Marktanalyse ergeben. Über die Ermittlung von Marktpotenzialen erfahren Sie hier mehr. Für einen potenzialgerechten Zuschnitt muss ein Abgleich mit den regionalen Einzelkundenstrategien stattfinden. Dann erst reflektiert der Ressourceneinsatz seitens der Außendienstorganisation den Wert der Vertriebspotenziale, die dadurch ausgeschöpft werden sollen.
  5. Unklare Absatzkanalstrategien
    Die Anforderungen an B2B-Vertriebe hinsichtlich Flexibilität und Reaktionszeiten steigen nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie. Mit den veränderten Kundenbedürfnissen haben sich auch neue Vertriebswege herausgebildet, um diese zu befriedigen. Neben dem Direktvertrieb gewinnt der Vertrieb über andere Kanäle – sowohl online und offline – zunehmend an Bedeutung. Ein einziger Absatzkanal reicht in den wenigsten Fällen, um das gesamte Vertriebspotenzial abzuschöpfen. Vielmehr braucht es einen Kanalmix, der auf die Wachstumsziele des Unternehmens abgestimmt ist. In der Praxis finden wir allerdings oft unklare Absatzkanalstrategien vor, auf Basis derer keine spezifischen Ausschöpfungsziele formuliert werden können.
  6. Undifferenzierte Prozesse und Servicelevels
    In der Auftragsabwicklung arbeiten viele B2B-Unternehmen nach dem “One size fits all”-Ansatz: Einfache und komplexe Geschäftsfälle werden oftmals mit denselben Strukturen und Prozessen abgewickelt. Das würde mitunter erhebliche Ineffizienzen bedeuten, was sich beispielsweise an den Prozessdurchlaufzeiten im Bahnoberbaubereich zeigen lässt: Eine Wiederbestellung von Materialien, die in gleicher Form schon einmal geliefert wurden, kann oft innerhalb von wenigen Wochen abgewickelt werden. Dagegen kann der Prozess bei einem maßgefertigten Produkt von der Entgegennahme der Spezifikationen über Machbarkeitsstudien und Engineering-Arbeiten bis hin zur Lieferung bis zu zwei Jahre dauern. Wer die internen Prozesse an der Customer Experience ausrichtet und einen effizienten Umgang mit Vertriebsressourcen zum Ziel hat, braucht hier zwingend unterschiedliche Prozessabläufe.
  7. Zu wenig kundenaktive Zeit im Außendienst
    Außendienstmitarbeiter*innen sind oft so verstrickt in die administrative Abwicklung von Aufträgen, dass wenig Zeit für ihre Kerntätigkeit übrig bleibt: Die Auseinandersetzung mit Kundenbedürfnissen und damit, wie diese entlang der Customer Journey noch besser adressiert werden können. Unserer Erfahrung nach liegt der durchschnittliche Anteil kundenaktiver Zeit im Außendienst von B2B-Unternehmen deutlich unter 50 %. Das bedeutet: Wertvolle Vertriebsressourcen werden für oftmals repetitive, administrative Tätigkeiten im Order Management eingesetzt, die effizienter im Innendienst ausgeführt werden könnten.

Laut Einstein ist die Definition von Wahnsinn, immer wieder das Gleiche zu tun und davon andere Ergebnisse zu erwarten. Damit bringt er auch die Essenz dieses Artikels auf den Punkt. Das B2B-Vertriebsmanagement sieht sich Herausforderungen gegenüber, denen es effektive Lösungen gegenüberzustellen gilt. Damit diese von der Idee zur gelebten Realität werden können, braucht es strukturelle und prozesstechnische Veränderungen in den Vertriebsorganisationen. Denn ohne zielgerichtete Maßnahmen auf der operativen Ebene ist jeder Versuch einer strategischen Neuausrichtung zum Scheitern verurteilt. Um Ihnen dabei zu helfen, die typischen Defizite im B2B-Vertrieb aufzudecken, stellen wir Ihnen im Download weiterführende Erklärungen und Ansatzpunkte zur Steigerung der Sales Force Effectiveness bereit.

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