Andreas Frischherz | September 29, 2022

Operative Exzellenz im B2B-Vertrieb

Operative Exzellenz bedeutet: Nicht aufhören, besser zu werden. Wer im B2B-Vertrieb erfolgreich sein will, braucht klare, potenzialorientierte Strukturen und Prozesse, die mit ihren Anforderungen mitwachsen. Denn das operative Vertriebsmanagement bewegt sich im dynamischen Spannungsfeld zwischen strategischen Unternehmenszielen, begrenzten Vertriebsressourcen und immer neuen Kundenbedürfnissen. Der Weg zur operativen Exzellenz ist dementsprechend lang und schlägt oft unvorhersehbare Richtungen ein. Dabei kommt es vor allem auf drei Erfolgsfaktoren an.

Auch die beste Strategie schafft ohne Umsetzungsgeschick keinen Mehrwert. Und mit einer Einmalübung ist es dabei nicht getan: Operative Exzellenz im Vertrieb entsteht im dynamischen Wechselspiel mit der strategischen Planung, über die Sie hier mehr lesen. Sie betrifft das gesamte Unternehmen und beginnt beim Kunden. Welche Geschäftsstrategie verfolgt er? Was braucht er dafür? Wie organisiert er sich? Und wie können die Prozesse im eigenen Unternehmen darauf ausgerichtet werden? Im Industriebereich sind operative Fragen aber – aufgrund der vielfach unterschiedlichen Anwendungen – oftmals nur auf Einzelkundenebene zu beantworten.

Vertriebswege effektiv ausrichten

Das strategische Vertriebsmanagement befasst sich mit der Bewertung des Kunden(gruppen)potenzials und der Frage, über welche Kanäle dieses effektiv erschlossen werden kann: Über Direktvertrieb, E-Commerce oder mithilfe von Handelspartnern, Vertretern oder Agenten. 

Auf operativer Ebene gilt es dann, für jeden Vertriebsweg klare Zielsetzungen für den Vertriebserfolg zu definieren, bedarfsorientierte Betreuungsansätze zu entwickeln und die dafür notwendigen Ressourcen abzuleiten, d.h. Transparenz über die jeweilig notwendigen Cost-to-Serve zu schaffen. 

Im Rahmen eines strukturierten Vertriebscontrollings ist die Zielerreichung laufend zu verfolgen. Dabei geht es nicht nur um Absatzmengen und Umsätze – entscheidend ist die Kanalprofitabilität, also der Saldo aus kanalspezifischen Erlös- und Aufwandspositionen.

Schlüsselkunden potenzialgerecht betreuen

Wer sich tiefgehend mit dem eigenen Absatzmarkt auseinandersetzt, erkennt: Im Industriebereich gleicht kein Kunde dem anderen. Deshalb braucht es Einzelkundenstrategien, um Wachstumspotenziale erfolgreich zu erschließen. Das ist vor allem bei Key Accounts ein wesentlicher Erfolgsfaktor. 

Es ist Aufgabe des operativen Vertriebsmanagements, klare Entwicklungsziele für definierte Schlüsselkunden zu formulieren und die dafür notwendige cross-funktionale Unterstützung und Betreuung einzufordern und zu steuern. Dabei entstehen Touchpoints, die über die Grenzen der Vertriebsorganisation hinausgehen. Das Key Account Management bindet so oft vielfältige Unternehmensfunktionen entlang des Wertschöpfungsprozesses nutzenstiftend in das Kundenbetreuungskonzept ein: Anwendungstechnik, Produktion, Logistik, Produktmanagement, Forschung und Entwicklung etc. So kann optimal auf die Bedarfe von Zielkunden eingegangen und über die reine Angebots- und Auftragsabwicklung hinaus Mehrwert für den Kunden geschaffen werden.

Erfolgsentscheidend ist aber die potenzialkonforme Aufstellung der Unternehmensressourcen und ihr bewusster Einsatz für sowohl Hunting- vs. Farming-Aktivitäten. Während die Pflege von Bestandskunden – das Farming – notwendig ist, um die bestehende Erfolgsgrundlage abzusichern und auszubauen, kann die Akquise von Neukunden – das Hunting – Abhängigkeiten reduzieren und zusätzliche Zukunftspotenziale schaffen. Letzteres verlangt dem Vertriebsmanagement bekannterweise ein Vielfaches an Kapazität ab. Wieso fehlende Ziele für die Neukundenakquise zu einem der häufigsten Gründe für das Scheitern von Vertriebsstrategien zählt, können Sie übrigens hier nachlesen.

Unabhängig davon, wo der Fokus in der Kundenbetreuung schließlich gesetzt wird, ist eines unerlässlich: Die laufende Verfolgung der Absatzzielerreichung sowie der Preisdurchsetzungsfähigkeit des Vertriebes. Wie bei den Vertriebskanälen ist auch auf Ebene der Einzelkunden eine verursachungsgerechte Kostenallokation grundlegend, um die Kunden- bzw. Projektprofitabilität faktenbasiert bewerten zu können. Hier mangelt es unserer Erfahrung nach noch sehr oft an der nötigen Detailtiefe, um Quersubventionierung und Fehler in der Vertriebs- bzw. Ergebnissteuerung zu vermeiden. 

Prozesse laufend optimieren

Wie wir bereits festgestellt haben, bedeutet Vertriebsmanagement im Industriebereich ein Arbeiten auf Einzelkundenebene – das heißt allerdings nicht, dass auch jeder Auftrag unterschiedlich abgewickelt werden muss. Operative Exzellenz zeigt sich unter anderem in der Fähigkeit, zwischen Geschäftsfällen zu unterscheiden, die standardisiert bearbeitet werden können und solchen, für die es prozessual Einzellösungen braucht. Das betrifft vor allem die Angebots-  und Auftragsabwicklungsprozesse. Auch im Claim Management lohnt es sich, einerseits Standardabläufe für typische Schadensfälle zu definieren und andererseits strukturierte Prozesse zur Erfassung und Ursachenforschung für Sonderfälle aufzusetzen. Denn nur so kann das Claim Management ohne unverhältnismäßigen Ressourcenverbrauch zur Schadensbehebung und zukünftigen Schadensvermeidung beitragen.

Generell gilt: Eine effiziente Ablauforganisation, klare Verantwortungen und Schnittstellen für Subprozesse wachsen sowohl mit den Anforderungen des eigenen Unternehmens als auch mit den Kundenbedürfnissen mit. In einer professionellen Vertriebsorganisation befinden sie sich deshalb stets im Wandel.

Operative Exzellenz hat also kein Ende – aber einen Anfang. Und zwar beim Kunden. Wer es schafft, ein Verständnis für die eigenen Anwendungen und Herausforderungen, für die spezifischen Entscheidungsprozesse und Wettbewerbsfaktoren, Kostenstrukturen und Ergebnistreiber zu entwickeln, hat viel gewonnen. Denn darin liegt die Grundlage für bedarfsgerechte Betreuungskonzepte im operativen Vertriebsmanagement. Wo genau die wesentlichen Potenziale gehoben werden können, kann nur in Rückkopplung mit der Strategieentwicklung erarbeitet werden. Damit wirkt das operative Vertriebsmanagement auf vielschichtige Weise über sämtliche Planungsebenen und Funktionsgrenzen hinweg. Deshalb lohnen sich Optimierungsmaßnahmen unserer Erfahrung nach gerade dort. Weiterführende Erklärungen und Ansatzpunkte dazu finden Sie im kostenlosen Download.

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