Andreas Frischherz | Mai 23, 2024

Unternehmenssteuerung ohne Strategie und ohne Führungssysteme?

Selbst bei Weltmarktführern begegnen wir der Situation, dass Unternehmen ausschließlich mit einjährigen Budgets geführt und gesteuert werden. Die Strategiearbeit – also die Strategieentwicklung und die strategische Planung sind oft dem Bauchgefühl des Eigentümers/Top-Managers überlassen und integrierte Führungssysteme sucht man vergebens.

 

In diesem Beitrag geht es um das Problem, dass in Unternehmen oft keine geeigneten Führungs- und Steuerungssysteme etabliert sind. Dabei fehlt aber in vielen Fällen auch die Voraussetzung für effektive Führungssysteme, nämlich eine klar kommunizierte Strategie, aus der dann Funktionalstrategien für die unterschiedlichen Fachabteilungen konsistent abgeleitet werden. Und wir geben Tipps, wie Sie Führungssysteme entwickeln, die auch motivieren.

Fahren Sie auf Sicht?

Viele auch sehr erfolgreiche Unternehmen sind für das Tagesgeschäft ordentlich aufgestellt und gerüstet. Sie verfügen über ein ausgereiftes operatives Controlling, eine hoch entwickelte Kostenrechnung, integrierte ERP-Systeme, etc. Strategische- bzw. Mittelfrist-Planung als Management Tool dagegen fehlt oft komplett. Die findet man noch eher in Großkonzernen, der Mittelstand hat hier jedoch einen großen Nachholbedarf.

Was oft fehlt, ist ein integrierter unternehmensweiter Strategieprozess, der einerseits sicherstellt, dass eine Unternehmensstrategie entwickelt und in regelmäßigen Abständen einem Update unterzogen wird. Andererseits soll die konsequente und kohärente Ableitung von Funktionalstrategien wie Vertriebs-, Produktions-, Innovationsstrategien, HR-Strategien etc. ermöglicht werden. 

Strategien und Ziele dürfen aber nicht wie häufig nur in wolkigen Sätzen formuliert sein, sondern müssen verfolgbar und objektiv messbar sein und in der Folge, im Rahmen eines Strategy Deployments in einen Mittelfristplan mit klar definierten Initiativen und Projekten übersetzt werden. Erst daraus kann sinnvollerweise dann ein jährlicher Budgetplan erstellt werden, der erste Etappenziele in der Realisierung der Unternehmensstrategie bereits aufnimmt.

Ebenso wichtig wie die Planung ist aber auch das Nachhalten der strategischen Ziele im Sinne eines strategischen Controllings. Unternehmensführung darf eben nicht nur auf Sicht erfolgen, sondern muss vorausschauend auch die nächsten und die übernächsten Kurven berücksichtigen und klare Etappenziele verfolgen.

Nicht trivial – aber essentiell – ist die Definition der wesentlichen spezifischen Messgrößen für eine effektive und zeitnahe Verfolgung der Strategieumsetzung. Die Kunst dabei ist, die für die Verfolgung der Funktionalstrategien und der Unternehmensstrategie wenigen, aber aussagekräftigen Messgrößen abzuleiten.

Hier steht also nicht nur die Finanzperspektive im Vordergrund, sondern auch die Kunden- bzw. Marktperspektive sowie die Prozess- und die Entwicklungsperspektive. Effektive strategische Controllingsysteme sind auf die spezifische Situation und Strategie des Unternehmens maßgeschneidert und verändern sich auch zwangsläufig über die Zeit.  

Wie motivierende Führungssysteme entwickelt werden

Es liegt auf der Hand, dass Führungssysteme nur dann effektiv greifen können, wenn die Strategie bis in alle Fachbereiche bzw. Business Units heruntergebrochen ist. Ohne strategische Ziele, die auch messbar sind, gibt es auch keine klaren Zielvereinbarungen.  

Um den individuellen Zielvereinbarungen das nötige Gewicht zu geben, sollten diese auch in den Incentive Systemen des Unternehmens reflektiert werden und beispielsweise Teil einer variablen Vergütung werden. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung geschaffen, um die Interessen des einzelnen Mitarbeiters mit den strategischen Zielsetzungen des Unternehmens in Deckung zu bringen.

Gute Zielvereinbarungen sind außerdem keine Einbahnstraßen. Der Zielvereinbarungsprozess ist eine ideale Situation, um mit den betroffenen Organisationseinheiten und Mitarbeitern zu überlegen und zu diskutieren, wie man das Geschäft weiterentwickeln kann. Gemeinsam werden nicht nur die – durchaus auch ambitionierten – Ziele entwickelt, sondern auch Lösungen und Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen. Wenn Führungskräfte Ziele einfach aufgebrummt bekommen, ohne Unterstützung in der Zielerreichung zu erfahren, wird die Umsetzung in der Regel nicht funktionieren.

Bei der Zielvereinbarung sprechen wir daher von einer gegenseitigen Vereinbarung. Oft müssen erst die Voraussetzungen geschaffen werden, damit Ziele erreicht werden können. Es müssen unter Umständen Produkte und Services weiterentwickelt, Preis-/Konditionensysteme angepasst oder Ressourcen bereitgestellt werden. Die Vereinbarung von Zielen sollte eine befruchtende Diskussion über die künftige angestrebte und machbare Geschäfts- und Unternehmensentwicklung sein.

Es geht darum, einen Vertrag abzuschließen: “Wenn diese und jene Voraussetzungen erfüllt werden, dann kann ich in meinem Markt/in meiner Abteilung/in meinem Geschäftsbereich dieses Ziel erreichen.” Daran möchte ich daher auch “gemessen und be- bzw. entlohnt werden”. Das gilt aber auch dann, wenn es dem Unternehmen einmal schlechter geht. Wenn Mitarbeiter mit einem MbO-Modell ihre Ziele erreichen, dann muss die entsprechende Entlohnung auch dann erfolgen, wenn die gesamte Entwicklung des Unternehmens vielleicht nicht so positiv ist.

Kriterien für Incentive Systeme

Zweck eines Incentive-Systems ist die zielgerichtete Beeinflussung des Verhaltens von Individuen zur Umsetzung der Unternehmensstrategie. Hier sind einige Kriterien für Incentive Systeme:

  • Kongruenz und Konsistenz mit Strategie und Zielsystem: Das Incentive-System ist stringent aus Unternehmensstrategie und -zielen abgeleitet und unterstützt deren Umsetzung („Interest Alignment“).
  • Objektivität und Messbarkeit: Anknüpfen an eindeutig definierte und unmissverständliche Zielgrößen (KPIs)
  • Motivation: Ambitionierte, aber gleichzeitig realistische und erreichbare Ziele
  • Fairness: Möglichst einheitlicher „Anspannungsgrad“ zur Zielerreichung für alle Individuen innerhalb einer Rolle/vergleichbaren Funktion
  • Beeinflussbarkeit: Die incentivierte Person hat die wesentlichen Stellhebel zur Zielerreichung zumindest mehrheitlich in ihrer Verantwortung

 

Conclusio Unternehmenssteuerung und Führungssysteme

Wenn Sie nicht auf Sicht fahren, sondern Ihr Unternehmen vorausschauend führen möchten, dann brauchen Sie beides: Einen guten Strategieprozess mit breiter Involvierung der Wissens- und Leistungsträger und ein maßgeschneidertes, effektives und motivierendes Führungssystem.

In unserer Serie „Business Foresight“  lesen Sie welche strategischen Instrumente Ihnen dafür  zur Verfügung stehen!

Ein integrierter Strategieprozess ist notwendig, um die Unternehmensstrategie und deren Auswirkungen systematisch bis auf die kleinsten Unternehmenseinheiten herunterzubrechen und für die Mitarbeiter nachvollziehbar und erlebbar zu machen.

Binden Sie Mitarbeiter in die Zielerreichung ein. Achten Sie im Zielvereinbarungsprozess darauf, dass nicht nur messbare Ziele festgezurrt werden, sondern auch die Gelegenheit genutzt wird, die Weiterentwicklung des Geschäftes und des Unternehmens im Dialog mit den Wissensträgern im Hause voranzutreiben.

 

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