Walter Maderner | Februar 22, 2022

Business War Gaming: Was wäre, wenn…

… ein neuer Mitbewerber Ihrem Unternehmen das Kerngeschäft streitig macht? Oder eine disruptive Technologie das Konsumverhalten von Grund auf revolutioniert? In solchen Fällen stehen Unternehmen oft perplex vor neuen Marktbedingungen. Für einen durchdachten, strategischen Move fehlt dann meist die Zeit. Es kommt zu unüberlegten Kurzschlusshandlungen, die schon vielen Unternehmen die Wettbewerbsposition gekostet haben. Damit das nicht passiert, simuliert man beim Business War Gaming strategische Entscheidungsmomente, in denen eigene und gegnerische Aktionen durchgespielt werden. Wieso der Erkenntnisgewinn daraus wettbewerbsentscheidend sein kann, lesen Sie hier.

Unternehmerische Planungstools stoßen unter dynamischen Wettbewerbsbedingungen oder bei unvorhersehbaren Marktereignissen an ihre Grenzen. Aufgrund ihrer statischen Natur können sie komplexe Wirkungszusammenhänge nicht ausreichend abbilden. Beim Business War Gaming werden strategische Entscheidungssituationen in einem dynamischen Setting durchgespielt. So können Unternehmen ihre Strategie testen und mögliche Reaktionen des Wettbewerbs vorhersehen. Damit hebt Business War Gaming die Statik herkömmlicher Methoden auf und erlaubt Simulationen unter dynamischen Bedingungen. Eine genaue Anleitung zum Durchspielen der Strategien mit verteilten Rollen finden Sie im Download.


Wann Business War Gaming einen Mehrwert schaffen kann

Aufgrund seiner flexiblen Ausgestaltung kann Business War Gaming Antworten auf vielfältige Fragestellungen liefern. Die Grundlage dafür bildet in jedem Fall ein “Was wäre, wenn”-Szenario. Häufige Anwendungsfälle sind zum Beispiel:

  • Entwicklung und Test von Markteintrittsstrategien
  • Abwehr von Markteintritten
  • Test von strategischen Allianzen
  • Planung von Marktkonsolidierungen
  • Entwicklung von Multi-Channel-Vertriebsstrategien
  • Dynamischer Test von Pricing Strategien


Was wäre, wenn ein neuer Wettbewerber in den Markt eintritt?

Mit dieser Frage hat sich ein marktführendes Versanddienstleistungsunternehmen an uns gewandt.  Das Unternehmen vermutet, dass ein neuer Mitbewerber eine aggressive Niedrigpreisstrategie nutzen könnte, um ihm Teile seines Kerngeschäfts abzuringen. Unklar ist zum Zeitpunkt des Projekts, wann der Markteintritt geplant ist. Um rasch reagieren zu können, möchte unser Klient eine durchdachte Strategie parat haben, wenn es soweit ist. Gemeinsam erarbeiten wir ein Game Book für die Fragestellung des Versanddienstleisters, das eine strukturierte Grundlage für das Business War Game schafft. Daraus ergeben sich drei strategisch relevante Entscheidungsmomente, zu denen jeweils ein Spielzug durchgeführt wird:

1. Der Markteintritt des neuen Wettbewerbers steht bevor
Der erste Spielzug geht davon aus, dass Gerüchte um einen geplanten Markteintritt des neuen Mitbewerbers laut werden. Möglicherweise rekrutiert er bereits zusätzliches Personal und wirbt um erste Kunden. Unser Klient steht vor der Frage, wie darauf reagiert werden kann. Es werden Strategien zur Bindung von Großkunden geprüft und Möglichkeiten, das Niedrigpreisangebot des neuen Konkurrenten zu unterbieten. Gleichzeitig wird das konkrete Bedrohungs- und Verlustpotenzial erhoben, um die Konsequenzen der eigenen und gegnerischen Aktionen einschätzen zu können.

2. Der neue Wettbewerber fasst Fuß und expandiert
Im zweiten Spielzug befindet sich der neue Wettbewerber in einer starken Expansionsphase und hat bereits viele Kunden unseres Klienten abgeworben. Während des Spiels wird klar, dass die Rückgewinnung dieser Kunden kostspielig und in vielen Fällen aussichtslos ist. Eine ernüchternde Erkenntnis zeichnet sich ab: Sobald sich der neue Wettbewerber am Markt etabliert hat, ist es kaum mehr möglich, seine Marktmacht einzudämmen

3. Unser Klient muss sich gegenüber dem Neueinsteiger behaupten
Im dritten Spielzug verfestigt sich eine neue Wettbewerbssituation am Markt. Unser Klient muss herbe Verluste hinnehmen und erkennt, dass er nur dann Kunden zurückgewinnen kann, wenn er ein ähnlich niedrigpreisiges Angebot schafft wie der Neueinsteiger. Innerhalb der zentralen Organisation ist das aufgrund der Dimension des Distributionsnetzwerks nicht möglich. Beim Business War Game kommt allerdings eine Tochterorganisation zur Sprache, innerhalb der ein konkurrenzfähiges Angebot entwickelt werden kann. Dieser strategische Move setzt dem Neueinsteiger zu und ermöglicht es zumindest sein Wachstum zu begrenzen.

Am Ende des Business War Games erkennt unser Klient, dass eine erfolgreiche Abwehr eines Markteintritts in der Zukunft bereits heute vorbereitet werden muss. Denn das zentrale Fazit ist, dass der neueintretende Wettbewerber kaum geschlagen werden kann, wenn er am Markt Fuß gefasst hat. Dementsprechend wurde nach Projektende direkt damit begonnen, die notwendigen Prozesse in der Tochterorganisation zu entwickeln, um ein niedrigpreisiges Angebot auf den Markt zu bringen. In kleinem Rahmen wird dieses bereits heute vertrieben. Im Fall eines Markteintritts kann es rasch breiter ausgerollt werden, um das Marktpotenzial des Neueinsteigers zu minimieren.

Das Praxisbeispiel veranschaulicht, wie ein dynamisch durchgespieltes “Was wäre, wenn”-Szenario Erkenntnisse liefern kann, die nicht erst beim Eintritt des hypothetischen Falls einen Mehrwert schaffen. Denn dann ist es oft schon zu spät. Wer die eigenen Spielzüge rückblickend analysiert, sieht klar, welche Aktionen es zu bestimmten Zeitpunkten braucht, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Insofern wirft das Business War Game immer auch neues Licht auf die gegenwärtige Strategie und testet diese in diesem speziellen wettbewerbsentscheidenden Fall.

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