Philip Wolfsteiner | Juli 7, 2020

Ergebnisverbesserung in der Praxis: Handeln, bevor es brennt

Es ist eine Situation, mit der viele Führungskräfte irgendwann konfrontiert sind: Das Unternehmen steht zwar ganz solide da, bleibt aber hinter den Ergebniserwartungen des Managements oder der Eigentümer:innen zurück. Es ist keine akute Krisensituation, aber auch kein strahlender Erfolgsmoment. Meist hat sich über Monate hinweg der Verdacht erhärtet, dass das Ergebnispotenzial nicht voll ausgeschöpft wird. Dann hat man für gewöhnlich zwei Optionen: (1) Abwarten bis die Zeit reif ist für ein Sanierungsprogramm oder (2) handeln, bevor es brennt. Im Rahmen des PIP (Performance Improvement Program) unterstützen wir Unternehmen bei Letzterem.

Fünf vor zwölf. Das ist der Zeitpunkt, zu dem der Veränderungsdruck am größten und der Handlungsspielraum am kleinsten ist. Aber nicht nur deshalb macht es Sinn, Ergebnisverbesserungsprogramme frühzeitig aufzusetzen und auf Schiene zu bringen. Auch die Qualität von Veränderungsprozessen steigt, wenn sie nicht überstürzt über die Bühne gebracht werden müssen, sondern mit ausreichend Vorlaufzeit geplant und umgesetzt werden. Die Voraussetzungen dafür sind vorausschauendes Denken und ein kollektives Bewusstsein für den Handlungsbedarf im Unternehmen.

Die Grenzen der kontinuierlichen Verbesserung

Die Wahrnehmung in vielen Organisationen ist, dass Performance Improvement ohnehin im Tagesgeschäft der Linienfunktionen abgedeckt ist. Laufende Programme im Sinne des KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) oder OPEX (Operational Excellence) haben sich in vielen Unternehmen bereits in der Unternehmenskultur verwachsen. Das PIP ist im Unterschied dazu nicht auf inkrementelle, stetige Verbesserungen ausgerichtet, sondern auf eine signifikante Steigerung des Ergebnisniveaus – sei es über Kostenoptimierung oder über Maßnahmen, die auf die Topline wirken. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Initiativen, die laufend umgesetzt werden, nicht ausreichen um die Ergebnislücke auf lange Sicht zu schließen, ist eine der größeren Herausforderungen. Essentiell dabei ist, die Mitarbeiter:innen von Beginn an mit ins Boot zu holen und Hintergrund und Zielsetzungen des PIPs transparent zu machen. Nur so kann konzertiertes Handeln im Unternehmen initiiert werden.

Gesamtheitliche Optimierung braucht einen gesamtheitlichen Ansatz

Ohne ein übergreifendes Ergebnisverbesserungsprogramm bleibt das Bemühen, sich zu verbessern oftmals im Silo des eigenen Verantwortungsbereichs. Für eine gesamtheitliche Optimierung müssen die Grenzen zwischen den Funktionen aufgeweicht werden. Erst wenn man beginnt, über den eigenen Wirkungsbereich hinauszublicken und auf einem übergeordneten Level Maßnahmen zu setzen, können Effekte realisiert werden, die auch auf gesamtorganisatorischer Ebene nachhaltige Verbesserungen erwirken. Oft fehlt der Rahmen, um über Ergebnisverbesserung auf diesem Niveau nachzudenken bzw. sind viele Führungskräfte so im Tagesgeschäft gefangen, dass keine Zeit bleibt, um sich über umfassende strukturelle Änderungen Gedanken zu machen.

Ein Beispiel aus unserer Beratungspraxis macht das sehr deutlich: Im konkreten Fall ging es um den Bereich Qualitätssicherung und insbesondere um die Prüfvorgänge, die an einem Produkt vorgenommen werden, um festzustellen, ob die Produktqualität den geforderten Kriterien entspricht. In der Vergangenheit gab es dahingehend Kundenreklamationen, woraufhin zusätzliche Prüfschritte im Prozess eingeführt wurden. Noch Jahre später wurden diese Prozesselemente unhinterfragt weitergeführt. Man hat nie wieder auf den Prüfstand gestellt, ob die zusätzlichen Schritte noch immer notwendig sind oder inzwischen durch Änderungen in der Fertigungstechnologie obsolet wurden. Auch im Zuge der kontinuierlichen Verbesserung wurde der Prozessablauf nicht auf dieser Ebene hinterfragt. Ebensolche Themen werden im Rahmen eines PIP auf das Tapet gebracht, woraus sich oft nicht nur ein wesentlicher Erkenntnisgewinn, sondern auch erhebliche Verbesserungspotenziale ergeben.

Nur wer dranbleibt, wird besser

Hat man die ersten Hürden einmal genommen, den Handlungsbedarf erkannt, ein Anspruchsniveau definiert und Maßnahmenpakete geschnürt, kommt es vor allen Dingen auf eines an: Dranbleiben. In der Unternehmenspraxis wird die Verantwortung für die Umsetzung oft in die Linie übertragen und nicht überprüft, ob die Maßnahmen tatsächlich realisiert wurden und die Effekte wie erwartet eingetreten sind. Dabei unterscheiden wir zwischen Effekte auf technische KPIs (z.B. Verringerung der Taktzeit, Ausschussreduktion etc.) und Effekte auf Ergebniskennzahlen wie dem EBIT. Die Maßnahmen- und Effektverfolgung wird in vielen Fällen grob vernachlässigt, ist aber essentiell um sicherzustellen, dass die Potenziale tatsächlich gehoben werden. Deshalb ist die Begleitung über die Maßnahmensetzung hinaus ein integraler Bestandteil unserer Unterstützungsarbeit bei Ergebnisverbesserungsprogrammen.

Verabsäumt man die saubere Effektverfolgung, läuft man Gefahr, in eine Situation zu kommen, in der man mit weniger Handlungsspielraum eine mitunter noch größere Ergebnislücke schließen muss – was uns zurückbringt zum Anfang dieses Artikels und dessen Kernaussage: Wer früh reagiert und konsequent handelt, hat einen Vorteil. Eine Feststellung, die genauso simpel wie wertvoll ist und in der Wirtschaftsgeschichte selten relevanter war als heute.

Im Interview mit Andreas Frischherz, Managing Partner bei GCI Management, lesen Sie, wieso dem Ergebnisverbesserungsprogramm als Mittel gegen Gewinnerosion unter den aktuellen Umständen eine ganz besondere Bedeutung zukommt.

Wenn Sie mehr über unsere Erkenntnisse zum Thema Ergebnisverbesserungsprogramm erfahren möchten: Hören Sie rein – wir haben im Team über unsere Erfahrungen aus der Beratungspraxis diskutiert.

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