Philip Wolfsteiner | August 15, 2023

Die Evolution der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa

In jüngster Zeit haben sowohl nationale als auch internationale Gremien die Wichtigkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen erkannt und erhebliche Anstrengungen unternommen, um eine transparentere, verständliche und vergleichbare Nachhaltigkeitsberichterstattung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang hat die Europäische Union die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ins Leben gerufen, die Unternehmen dabei unterstützen sollen, ihre Nachhaltigkeitsleistung besser und transparenter zu kommunizieren. Diese Initiative fügt sich in ein breiteres Bild von Reformen und Neuerungen in der Berichterstattungspflicht europäischer Unternehmen ein.

 

Der Hintergrund der ESRS

Im Mittelpunkt der ESRS-Initiative steht das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu sein. Um dies zu erreichen, müssen Unternehmen nicht nur ihre Nachhaltigkeitspraktiken verbessern, sondern auch transparent darüber berichten. Die ESRS bieten einen Rahmen für genau diese Art von Berichterstattung. Sie sind nicht nur ein Instrument zur Messung des Fortschritts, sondern auch ein Schritt in Richtung Transparenz und Stakeholder-Engagement.

Im April 2021 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vor, welcher die Implementierung der ESRS vorsah. Dieser Vorschlag wurde im Dezember 2022 angenommen und ersetzt die bisherige EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung.

Für wen und ab wann gelten die neuen Regelungen?

Die Anwendungsbereiche der CSRD und somit der ESRS werden in den kommenden Jahren schrittweise erweitert, um eine größere Anzahl von Unternehmen einzubeziehen:

  • Ab 2024 gelten die Regelungen für große Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIEs) mit mindestens 500 Mitarbeitern, die bereits den Regelungen der NFRD oder dem NaDiVeG unterliegen.
  • Ab 2025 werden alle weiteren großen Kapitalgesellschaften, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen, einbezogen: 250 Mitarbeiter, eine Bilanzsumme von 20 Mio. Euro oder einen Umsatz von 40 Mio. Euro.
  • Ab 2026 werden zusätzlich mittlere und kleine Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIEs) erfasst, wenn sie mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen: 10 Mitarbeiter, eine Bilanzsumme von 350 Tausend Euro oder einen Umsatz von 700 Tausend Euro.

Wie sind die ESRS aufgebaut?

Das erste Set der ESRS besteht aus zwölf Standards, die Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen abdecken. Es wird erwartet, dass diese Standards in den kommenden Jahren durch sektorspezifische Standards und Standards für KMU ergänzt werden.

Ein zentraler Aspekt der ESRS ist das Konzept der “doppelten Wesentlichkeit”. Unternehmen müssen sowohl die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Umwelt und die Gesellschaft als auch die Auswirkungen von Umwelt- und Sozialfaktoren auf ihre finanzielle Performance berücksichtigen.

Internationale Perspektive

Neben den ESRS gibt es auch andere Initiativen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Das International Sustainability Standards Board (ISSB) plant, bis 2024 eigene Standards für nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungsanforderungen zu veröffentlichen. Auch die US SEC arbeitet an Regelungen für klimabezogene Offenlegungen, die sich an den Empfehlungen der TCFD orientieren.

Fazit

Die Einführung der ESRS ist ein bedeutender Schritt für Unternehmen in Europa, um ihre Nachhaltigkeitsbemühungen transparenter zu machen. Es unterstreicht das wachsende Interesse und die Bedeutung von Nachhaltigkeit sowohl auf regulatorischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Es wird erwartet, dass diese Entwicklung in den kommenden Jahren weiter an Fahrt gewinnen wird, wobei Unternehmen aller Größen und Branchen in die Pflicht genommen werden, um zu einer nachhaltigeren und verantwortungsbewussteren Wirtschaft beizutragen.

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