Andreas Frischherz | August 13, 2024

Wie Management-Systeme den Vertriebserfolg sabotieren

Jeden Tag treffen Sie und Ihre Kolleg:innen unzählige kleine und große Entscheidungen, die in Summe den Vertriebserfolg ausmachen. Diese Entscheidungen unterliegen einer Vielzahl an Einflüssen – von der Qualität der Informationsgrundlage über klare Zielvorgaben und Incentivierungen bis hin zu kulturellen Faktoren. Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass Management-Systeme dem Vertriebserfolg oft im Weg stehen können. Die häufigsten Gründe für die Selbstsabotage im B2B-Vertrieb fassen wir hier für Sie zusammen.

 

Eine beliebte Erklärung für das Scheitern von Vertriebsstrategien ist: Die Entwicklung der äußeren Umstände. Das ist bequem und drängt sich in wirtschaftlich turbulenten Zeiten geradezu auf. Deutlich unbequemer ist dagegen der prüfende Blick auf die internen Strukturen und Systeme. Dabei verbergen sich dort oft enorme Potenziale zur Steigerung der Sales Force Effectiveness. Hier lohnt es sich unserer Erfahrung nach, genauer hinzusehen:

 

CRM- und Sales Force Automation-Systeme

“In 25+ Jahren Beratungsarbeit habe ich noch kein Unternehmen kennengelernt, das die Potenziale von CRM-Anwendungen ausgeschöpft hat”, sagt GCI Partner Andreas Frischherz. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe:

  • In vielen Industrieunternehmen fehlt ein tiefgreifendes Verständnis des einzelnen Kunden und seiner Verhaltens- und Entscheidungsstrukturen. Darauf sind wir bereits hier näher eingegangen. Die individuellen Bedürfnisse und Anforderungen, der spezifische Kundennutzen und die Lieferantenpositionierung bleiben oft unberücksichtigt oder sind erst gar nicht bekannt. Ohne diese Informationsgrundlagen können allerdings weder segment- bzw. kundenspezifische Vertriebsstrategien noch darauf aufbauende differenzierte Betreuungsansätze sinnvoll entwickelt werden.
  • Die Einführung von CRM- und Sales Force Automation-Systemen scheitert oftmals bereits an der systematischen Erfassung des im Vertrieb bestehenden Wissens über die Kunden. Vielfach mangelt es an der Bereitschaft der Vertriebsmitarbeitenden, Informationsmonopole aufzugeben – dann scheitert aber effektives Customer Relationship Management.

Was dabei oft übersehen wird, ist, dass vom systematischen Zusammentragen und Erweitern der Kundeninformationen alle profitieren können: Einzelne Vertriebsmitarbeitende genauso wie die Vertriebssteuerung und Funktionen wie Produktmanagement und F&E/Innovation. Denn erst durch eine umfassende und strategische Betrachtung eines Kunden aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Funktionen lassen sich oft Chancen und Potenziale im Bereich Produkte und Services erkennen.

 

Cost-to-serve und die Profitabilität von Aufträgen, Kunden und Kanälen

Für eine zielgerichtete Vertriebssteuerung auf strategischer, taktischer und operativer Ebene braucht es Klarheit über die Profitabilitäten einzelner Aufträge, Kunden und Absatz-Kanäle. Den sog. Cost-to-serve – also den verursachungsgerecht zugeordneten Kosten der Betreuung und Servicierung von Kunden – kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu. 

Dennoch werden sie in der Praxis oft nicht erhoben. In vielen Industrieunternehmen herrscht deshalb Unwissen über die wahren Kosten einer Transaktion oder die wahren Kosten der Betreuung und Servicierung eines Kundensegments oder eines Einzelkunden, was dazu führt, dass es zu Fehlsteuerungen in der täglichen Vertriebsarbeit kommen kann. Mehr dazu lesen Sie hier.

 

Historisch gewachsene Vertriebssteuerungsgrößen

Die Steuerungsgrößen im B2B-Vertrieb werden selten daraufhin geprüft, wie präzise sie die angestrebte Entwicklung des Unternehmens aktuell abbilden bzw. nachverfolgen lassen. 

Die Folge: Es fehlen der Strategiebezug, die Verzahnung und Kaskadierung des Kennzahlensystems auf die Steuerungs- bzw. Interventionsebene sowie die Möglichkeit der Verfolgung der Effekte der gesetzten Vertriebsmaßnahmen. Auf diese Weise navigiert das Vertriebsmanagement zahlloser Betriebe im (strategischen) Nebel.

 

Management by objectives

Professionelles Vertriebsmanagement basiert auf personalisierten, ergebnisbezogenen Zielsetzungen, die auf die übergeordnete Unternehmensstrategie einzahlen. Zu oft werden Ziele für Vertriebsmitarbeitende aber an einfachen, aggregierten finanziellen Messgrößen wie z.B. Umsatzvolumen und durchschnittliche Marge festgemacht, die oftmals aufgrund von “windfall profits” aber ein sehr unpräzises Maß für die effektive Vertriebsperformance darstellen. Für eine effektive Verfolgung der Umsetzung der Vertriebsstrategie und zur Leistungsmessung im Vertrieb wären aber zusätzlich Zielgrößen wie eine Kunden- und Marktpotenzialausschöpfung oder eine (Ziel-)Preisdurchsetzung bei Einzelkunden zu formulieren und nachzuhalten.

 

Incentive-Systeme

Unzureichend durchdachte Anreizsysteme entfalten meist wenig oder gar keine Steuerungswirkung. Oftmals sind Incentives provisionsbasiert und gedeckelt – welche Nachteile das hat, lesen Sie hier. Nur wenn Rewardstrukturen attraktiv genug und auf die Gesamtziele des Unternehmens abgestimmt sind, können sie einen effektiven Beitrag zur Unterstützung des Vertriebserfolgs leisten. 

 

Datenmanagement

Um aus Daten lernen zu können, müssen sie gesammelt, erfasst und analysiert bzw. interpretiert werden. Die Schwierigkeit vieler Industriebetriebe dabei liegt aber meist bereits in der Datenerfassung bzw. -strukturierung. Diese ist oftmals auf eine reine Geschäftsprozessunterstützung – aber nicht auf eine spätere Auswertbarkeit bzw. Analyse – ausgerichtet. Immer wieder stoßen wir in unserer Arbeit z.B. auf das Problem inhomogener (Stamm-)Datenstrukturen in unterschiedlichen Betrieben oder Gesellschaften ein- und derselben Unternehmensgruppe oder nicht auswertbarer Freitextfelder im ERP-System. In der Praxis behindern damit eine mangelhafte Datenstruktur und -pflege die Vernetzung und Auswertung von Informationen und eine Ableitung greifbarer Vertriebspotenziale.

 

Ob die vielen kleinen und großen Entscheidungen, die Sie heute in Ihrem Job treffen, auf die Vertriebsziele Ihres Unternehmens einzahlen oder nicht – das hängt auch davon ab, wie gut es Ihre Organisation geschafft hat, ihre Management- und Informationssysteme entsprechend auszurichten. Vielleicht ermutigt Sie dieser Beitrag, den Blick dorthin zu richten, wo die internen Strukturen und Systeme den Vertriebserfolg möglicherweise sabotieren. Um Sie dabei zu unterstützen, stellen wir Ihnen im Download weiterführende Erklärungen und Beispiele zur Verfügung. Viel Erfolg!

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