GCI | Februar 27, 2019

GCI Partner Walter Maderner im Interview: „Mein Ego muss ich nicht mehr beweisen.”

Ein diplomierter Jazz Musiker mit Studienhintergrund in der Theoretischen Physik und der Erfahrung von deutlich über hundert Beratungsprojekten. GCI Partner Walter Maderner bewegt sich zwischen treibenden Grooves am Schlagzeug und verzwickten Problemstellungen am Kundenprojekt. Was ihn antreibt, ist die Freude am Problemlösen, die intellektuelle Neugier, der Anspruch mit den Kunden neue Einsichten zu generieren. Im Interview erzählt er über die zwei Arbeitsmodi seines Gehirns und was seinen persönlichen Beratungsansatz ausmacht.

Sie haben – wie viele andere Beraterinnen und Berater – Ihren universitären Background nicht im Management, sondern in der theoretischen Physik. Wie kam es zum Richtungswechsel?

Ich habe als Dissertant mehrere Jahre in der physikalischen Forschung gearbeitet und durchaus erfolgreich publiziert, aber ich wollte nicht mehr länger im Elfenbeinturm sitzen. Ein Kollege von mir, mit dem ich viel zusammengearbeitet habe, hat zwei Jahre vor meinem Abgang in die Beratung gewechselt. Wir haben uns regelmäßig getroffen, und er hat mir von seiner Arbeit berichtet. Die Fragestellungen – vor allem die strategischen – haben mich fasziniert. Dann habe ich mir das Strategie Buch von Michael Porter gekauft und … schwupps war es um mich geschehen. Ich bin da regelrecht reingekippt.

Wenn es weder Fach- noch Branchenwissen ist, was macht Ihre Kompetenz als Berater dann aus?

Na ja, ich habe auch Linienerfahrung, nach der ersten Runde in der Beratung bin ich zu einem österreichischen Blue chip gewechselt … da habe ich Branchenerfahrung sammeln können … aber ja: Die eine Kompetenz des Beraters ist es, Probleme zu lösen. Zunächst die richtigen Fragen zu stellen, das Problem in Teile zu zerlegen und diese mit analytischen Werkzeugen anzugehen, zu lösen und die Bestandteile wieder zu einem Ganzen  zusammenzufügen. Es gibt das bekannte Sprichwort: „Frage: Wie isst man einen Elefanten? Antwort: In kleinen Stücken”. So ist es mit den oft verhakten Problemen im Geschäftsleben. Man muss sie in lösbare Bestandteile zerlegen. Die andere Kompetenz eines Beraters ist es, das Wissen in einem Unternehmen zu heben … die Mitarbeiterinnen zu identifizieren, die einen Beitrag zur Problemlösung liefern können, die oft nicht gehört werden, und ihr Wissen in das Projekt einfließen zu lassen. Oft liegen 80% der Lösung schon in den Köpfen der Mitarbeiter, aber intern wird dieses Wissen nicht gehoben und konsolidiert. Das sind meiner Meinung nach die beiden Eigenschaften, die gute Beraterinnen auszeichnet.

Viele sprechen vom sogenannten „Berater-Gen” – entweder man hat es oder eben nicht. Angeboren, anerzogen oder erlernt – was denken Sie? Und haben Sie’s im Blut?

Das halte ich für übertrieben, ich glaube nicht an so ein Gen. Analytisches Denkvermögen, Freude am Problemlösen, intellektuelle Neugier, ein Händchen für Menschen, ein Commitment, Top Leistung zu bringen und Sitzfleisch sind die Voraussetzungen dazu … der Rest kommt mit der Erfahrung und mit den vielen Projekten.

Seit nunmehr über 20 Jahren sind Sie als Berater tätig. Ist es die immer währende Liebe oder mittlerweile schon zur Zweckehe geworden?

Gar nicht. Jedes Projekt, das mich fordert, ist eine neue Herausforderung, es effizienter und besser zu machen. Ich mag meinen Beruf wirklich gerne. Es gibt auch bei identer Fragestellung kein Projekt, das genau gleich abläuft. Alle Projekte sind anders. Insofern fällt man sowieso nicht in eine Routine. Außerdem versuche ich bei jedem Projekt, etwas dazuzulernen. Mein Anspruch ist es auch, meinem Kunden zu Einsichten zu verhelfen, die er ohne uns nicht gehabt hätte. Ich versuche immer an die Fragestellung anders heranzugehen als der Kunde, denn von einem anderen Standpunkt sieht man Dinge, die der Kunde vielleicht nicht sehen kann … uns das ist oft der erste Schritt zur Lösung des Problems.

Wie war Ihr erstes Kundengespräch?

Uhh … im öffentlichen Bereich. Wir waren die Feinde für die Organisation, weil es um knallharten Personalabbau ging. Ich habe recht schnell gelernt, dass man in dieser Situation auf der Sachebene bleiben und möglichst professionell mit seinem Gegenüber umgehen muss. Ich habe auch gesehen, dass man durchaus hart in der Sache sein kann, wenn man wertschätzend miteinander umgeht.

Was hat Sie dazu bewegt, das zweite, dritte und alle danach folgenden zu führen?

Man wird besser darin und es gibt einen Kick, schwierige Termine gut zu meistern … sozusagen den Stier an den Hörnern zu packen. Es macht dann sogar Spaß.

Wie viele Projekte haben Sie in Ihrer Laufbahn bisher eigentlich betreut?

Viele … ich habe sie nicht gezählt, aber es werden deutlich über hundert sein. In unterschiedlichen Rollen: als Consultant, Projektleiter oder Partner.

Welche davon empfanden Sie als besonders belohnend?

Solche, bei denen wir durch unsere Herangehensweise, Methodik und Analysen neue Einsichten generieren, die der Kunde vorher nicht hatte. Das erzeugt eine Art Erleuchtung. Das gibt einen richtigen Kick – ein Heureka, wie die alten Griechen zu sagen pflegen. Das ist intellektuell sehr befriedigend, und die meisten Kunden wissen das zu schätzen. Die meisten Projekte, die ich jetzt mache, sind dieser Art. In früheren Zeiten habe ich auch Projekte gemacht, die eigentlich nur aus Projektmanagement bestanden… das war nicht so spannend.

Wie organisieren Sie Ihren Arbeitstag, damit er möglichst produktiv ist? Was sind Ihre Strategien für effizientes und fokussiertes Arbeiten?

Ich unterscheide beim Arbeiten immer zwischen einem Organisations- und einem Konzeptmodus. Im Organisationsmodus kann man nicht konzeptiv denken und umgekehrt. So teile ich den Tag in Blöcke ein, wo ich entweder an Projekten arbeite, also konzeptive Denkarbeit leiste, oder E-Mails beantworte, Termine organisiere und interne Angelegenheiten erledige. Innerhalb dieser Blöcke fokussiere ich immer auf die wichtigen und dringlichen Dinge. Ich setze mir auch immer ein Zeitlimit, vor allem beim konzeptiven Denken. Frei nach dem Motto: ich gebe mir jetzt zwei Stunden, um die Fragestellung zu klären. Das funktioniert meistens und schützt vor dem Verzetteln. Ach ja… und das Wichtigste: Ich investiere anfangs viel Energie die richtige Fragestellung so präzise wie möglich zu formulieren. Dadurch schließt man viele Dinge aus, die man dann nicht machen muss … das hilft.

Welche Excel-Funktion haben Sie am liebsten?

Pivot Tabellen. Als ich noch Consultant war, war die Funktionalität noch relativ neu. Da habe ich meine Kollegen darin geschult. Jetzt sind unsere Consultants darin viel besser als ich.

Das Beratungsgeschäft lebt von der Vermittlung von Expertenwissen. Im Web wird Consulting Know-how heute auch zunehmend kostenlos zugänglich gemacht. Wie sicher sind Sie sich Ihrem Job? Und was wäre der Plan B?

Im Web kursieren Powerpoint Folien über Strategie, Prozessoptimierung, Organisation, ja! Aber: das ist nicht Problemlösen. Um die Folien richtig zu lesen und einzuordnen, braucht es ja schon erhebliches Vorwissen. Ich bin da relativ entspannt, weil die kognitive Fähigkeit, komplexe Business Probleme zu lösen, vermutlich zu den letzten Fähigkeiten gehören wird, die künstliche Intelligenzen entwickeln. Was das Web bringt, ist ein neues Geschäftsmodell, nämlich eine Art Broker Plattformen, die Einzelkämpfern Projekte gegen eine Fee vermittelt. Wie erfolgreich die sind und wie gut die Qualitätssicherung dort ist, wage ich nicht zu beurteilen.

Consultants müssen sich oft den Vorwurf gefallen lassen, Profitmaximierung um jeden Preis zu betreiben und dabei Versehens – oder auch nicht – die Menschlichkeit wegzurationalisieren. Wie sehen Sie das? Welche Werte stehen in Ihrer Arbeit außer Kompromiss?

Das ist überzeichnet und auch nicht wahr. Als fundamentalen Wert sehe ich die „essential rightness” unserer Empfehlung an. Wir sind nur der Wahrheit und nicht politischen Interessen verpflichtet. Dafür werden wir bezahlt. Ich würde kein Projekt annehmen, bei dem wir als Feigenblatt für politische Zwecke missbraucht werden. Das mache ich nicht. Wenn die Wahrheit ist, dass man Personal abbauen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben oder wieder wettbewerbsfähig zu werden, dann ist es so. Die Alternative wäre ein schmerzlicher Einschnitt später. Ich habe dutzende solcher Fälle in meiner Karriere gesehen, wo man versäumt hat, rechtzeitig unangenehme Maßnahmen zu setzen, und das Problem sich nur noch verschärft hat.

Wie würden Sie Ihren persönlichen Beratungsansatz beschreiben?

Sehr analytisch und strukturiert, und im Umgang mit den Kunden wertschätzend und respektvoll. Ich muss nicht den tollen Berater raushängen lassen. Mein Ego muss ich nicht mehr beweisen.

Und wer sind Sie eigentlich, wenn Sie gerade nicht Berater sind?

Ich habe eine Familie mit zwei kleinen Jungs. Ich mache ein wenig Sport und spiele sehr ambitioniert Jazz Schlagzeug und trete auch regelmäßig auf. Ich bin diplomierter Jazz Schlagzeuger. Mein erstes Studium vor der Theoretischen Physik war Musik. Da übe ich auch jeden Tag. Das zwingt mich natürlich auch zu einer guten Zeiteinteilung und zu hoher Effizienz, weil sowohl meine Familie als auch mein Instrument eine ordentliche Portion Aufmerksamkeit wollen.

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