GCI Partner Andreas Frischherz über Performance Management, Profit und Glück
Als Experte für Performance Management blickt GCI Partner Andreas Frischherz auf seine bisherige Karriere zurück und stellt sich der Frage, ob er in der Retrospektive daran etwas optimieren würde. Welchen Stellenwert Wohlstand dabei für ihn einnimmt, worin er Erfüllung in seiner beruflichen Tätigkeit und Glück im persönlichen Bereich findet, erzählt er im Interview.
Sie haben an der WU Wien und an der Scuola di Direzione Aziendale Luigi Bocconi in Mailand studiert. Wussten Sie schon von Studienbeginn an, dass Sie Berater werden wollen?
Schon während meines WU Studiums habe ich die Idee gehabt, in die Beratung zu gehen. Also habe ich mir die besten Top-Management Beratungen angesehen und die haben zum damaligen Zeitpunkt als Grundvoraussetzung ein MBA Studium an einer der großen Top-Universitäten oder einen PhD verlangt. Insofern war der MBA mein Eintrittsticket ins internationale Consulting.
Woher kam die Motivation?
Ich habe mir genau das davon versprochen, was sich dann auch erfüllt hat. Ich wollte die spannendsten Problemstellungen in Unternehmen bearbeiten. Außerdem habe ich eine wahnsinnige Aversion gegen Routine. Und von der Beratung habe ich mir schon damals erwartet, dass man laufend neue Projekte bearbeitet mit Teams in unterschiedlichen Konstellationen und für unterschiedliche Klienten. Genau das hat sich auch bewahrheitet. Also diese Erwartung ist voll aufgegangen und ich glaube, das ist auch das, was mich heute noch antreibt: die Abwechslung und ständige Herausforderung in der Bearbeitung neuer Themenstellungen.
Ihre Laufbahn haben Sie als Berater 1990 bei McKinsey & Comp. gestartet und sind dann über Stationen bei Ernst & Young und Droege & Comp. schlussendlich bei GCI Management gelandet. Wie hat sich Ihr Beratungsansatz im Laufe Ihrer Karriere entwickelt?
Der Beratungsansatz auf den ich setze, ist strategisch orientiert – mich interessieren keine Kurzfristlösungen. Wenn es die Situation verlangt, müssen natürlich auch diese manchmal gefunden werden. Aber im Wesentlichen strebe ich mit unseren Klienten eine mittel- bis langfristige Weiterentwicklung an. Unternehmen in die richtige Richtung bewegen.
Mit Mitarbeiterinnen mittelfristige Ziele definieren und entwickeln und diese darauf einzuschwören. Dafür Verständnis und Commitment bekommen und dann entsprechend die Schritte planen, wie diese Ziele erreicht werden können – so würde ich meinen Ansatz beschreiben und der hat sich eigentlich über die Jahre nicht grundsätzlich verändert.
Gibt es etwas, das Sie in der Retrospektive heute anders machen würden?
Nachdem ich mich ja nach mehreren Etappen vor über 10 Jahren entschlossen habe, Unternehmer zu werden und mich in ein Unternehmen einzukaufen, stellt man sich natürlich immer die Frage, ob man diesen Schritt nicht schon früher hätte machen sollen. Aber ich glaube, es war damals die richtige Zeit, diesen Schritt zu tun. Vorher war ich wahrscheinlich noch nicht bereit dazu, sonst hätte ich es ohnehin früher gemacht.
Sind Sie jemals gescheitert? Haben Sie schon einmal ein Projekt abgebrochen?
Ich habe in meiner Karriere ca. 250 Projekte abgewickelt und habe noch nie ein Projekt abgebrochen. Aus meiner Sicht habe ich sämtliche Projekte zumindest auftragskonform abgewickelt, oft auch klar darüber hinaus.
Es gab natürlich das eine oder andere Projekt, bei dem wir Vorschläge gemacht haben, die schließlich nicht vollständig umgesetzt wurden oder wir haben Empfehlungen ausgesprochen, die nicht 1:1 angenommen wurden. Teilweise, weil die Organisation noch nicht reif für diesen Schritt war oder sich auch Umfeldbedingungen im Nachlauf des Projektes verändert haben, die dann dazu geführt haben, dass Gesamtkonzepte nicht vollständig umgesetzt wurden. Das mir direkt gegenüber geäußerte Feedback seitens der Klienten war immer positiv. Das erklärt wahrscheinlich auch unsere langjährigen Klientenbeziehungen.
Prozessoptimierung ist einer Ihrer persönlichen Themenschwerpunkte. Wie organisieren Sie Ihren Arbeitstag, damit er möglichst produktiv ist? Was sind Ihre Strategien für effizientes und fokussiertes Arbeiten?
Ich glaube, es gibt diesbezüglich genug wissenschaftliche Erkenntnisse, die belegen, dass Multitasking der Produktivitätskiller ist. Ich versuche daher, mich auf Dinge zu fokussieren und Störungen von links und rechts dabei zu vermeiden. Ich blockiere mir Zeiten in meinem Kalender, um ToDos abzuarbeiten, organisiere meine Aufgaben in einer ToDo-Liste und strukturiere sie in Arbeitspakete.
Multitasking kann ich nicht. Das verunsichert mich und ich merke, dass es mich immer wieder aus meinen Gedanken herausreißt. Unser Geschäft hat viel mit Kommunikation zu tun – wenn ich versuche, eine Präsentation und eine logische Argumentationskette aufzubauen und mir überlege, was ich sagen möchte und dann kommt ein Telefonanruf oder ähnliches, bringt mich das aus dem Konzept. Man merkt selbst, wie lange es dauert, dann wieder in die Aufgabe hineinzufinden.
Also mein Rat wäre, sich auf abgegrenzte Einzelaktivitäten zu fokussieren, E-Mails in der Früh und am Abend geblockt abzuarbeiten und sich dazwischen konsequent in Arbeitspakete zu strukturieren.
Consultants müssen sich oft den Vorwurf gefallen lassen, Profitmaximierung um jeden Preis zu betreiben und dabei Versehens – oder auch nicht – die Menschlichkeit wegzurationalisieren. Wie sehen Sie das? Welche Werte stehen in Ihrer Arbeit außer Kompromiss?
Jedes Unternehmen verfolgt Ziele. Es gibt profitorientierte Unternehmen und es gibt Non-Profit Organisationen. Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit profitorientierten Organisationen und somit stellt sich die Frage der Gewinnorientierung grundsätzlich nicht – das ist der Zweck und der muss verfolgt werden. Die Frage muss eher lauten, wie kurzfristig oder nachhaltig man das angeht.
Ich halte die Shareholder-Value-Denke grundsätzlich für kein falsches Konzept. Wie sie in der jüngeren Vergangenheit interpretiert und auf sehr kurze Zeitspannen angewendet wurde, um kurzweilige Börsenkursverbesserungen zu erreichen, indem Kosten kurzfristig reduziert und Leute gekündigt wurden, halte ich allerdings für eine klare Fehlinterpretation des Konzeptes. Grundsätzlich ist das Konzept jedoch auf Nachhaltigkeit angelegt.
Das ist auch das, wo wir versuchen, Hilfestellung zu geben – wie man ein Unternehmen nachhaltig absichern und erfolgreich machen kann. Es muss im Interesse des Eigentümers und aber auch der Mitarbeiterinnen liegen, das nachhaltige und ökonomisch erfolgreiche Wirtschaften im Unternehmen sicherzustellen.
Wir leben heute in einer Zeit, in der es zunehmend auch um Themen wie Achtsamkeit und Nachhaltigkeit geht. Gibt es Ihres Erachtens nach ein Spannungsfeld zwischen ethischen Anliegen und der gegenwärtigen Ausrichtung des Kapitalismus?
Kapitalismus, der heute Ethik völlig ignoriert, hat meiner Meinung nach keine Existenzberechtigung. Ich weiß auch gar nicht, ob er sie je hatte, wenn man sich ansieht, welche Sozialleistungen Industrieunternehmen in den Anfängen der Industrialisierung bereits erbracht haben. Soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung, auch Schulen und Krankenhäuser, die gebaut wurden für Mitarbeiterinnen und deren Kinder, etc. Wenn man heute durch die Landschaft ehemaliger Industriezentren fährt, sieht man, was der Kapitalismus an Sozialleistungen geschaffen hat, die es von staatlicher Seite damals noch gar nicht gab. Aber natürlich gab es auch die Kinderarbeit in den englischen Bergwerken.
Ich glaube, wenn heute wirtschaftliches Agieren keine Rücksicht auf Umweltaspekte und gesellschaftliche Werte nimmt, dann wird man auch zunehmend Schwierigkeiten haben, Kunden zu finden, Arbeitskräfte zu rekrutieren und gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten. Man wird auch mit einer zunehmenden Kostenbelastung rechnen müssen. Umwelt- und gesellschaftsschädigendes Verhalten wird Unternehmen – und das zu Recht – immer teurer kommen. Ergo glaube ich, kann das Eine ohne dem Anderen gar nicht funktionieren.
Wie wichtig ist Geld für Sie persönlich für ein glückliches Leben?
Auch dazu gibt es einige wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Zeit. Ich glaube, alle würden zustimmen, dass der Grenznutzen des Geldes abnehmend ist. Trotzdem sagt man: Geld löst nicht sämtliche Probleme, aber es hilft. Ich glaube, dass ein Level, auf dem man nicht nachdenken muss, wie man die Ausgaben des täglichen Lebens finanzieren kann oder muss, eine angenehme Situation ist. Damit ist man gedanklich frei für andere Dinge. Reichtum ist kein Ziel per se. Und reich wird man in der Beratung auch nicht – höchstens an Erfahrungen.
Aber glücklich sind Sie trotzdem?
Ich glaube, Glück hat nichts mit persönlichem Reichtum zu tun. Glück findet man, wo man eine sinnvolle Tätigkeit hat und bereichernde soziale Kontakte pflegt. So gesehen bin ich glücklich. Weil ich mit den Inhalten meiner Arbeit sehr zufrieden bin. Und ich habe eine liebe Familie. Mittlerweile habe ich mir auch meine persönlichen Freiräume geschaffen, um Freizeit zu genießen und z.B. segeln zu gehen. Das macht mich ebenfalls glücklich.
Apropos sinnvolle Tätigkeit. Worin sehen Sie den Sinn Ihrer Arbeit?
Wenn ich mich frage, was es eigentlich ist, was ich tue, komme ich zum Schluss, dass ich seit über 25 Jahren im Kern an folgender Fragestellung arbeite: How to overcome the resistance to change? Ich sehe meine Aufgabe also darin, dazu beizutragen, Veränderung herbeizuführen. Das finde ich interessant. Weil man eigentlich meinen sollte, die Veränderung läge in der Natur des Menschen. Immerhin erneuert sich der menschliche Organismus alle sieben Jahre von Grund auf. Das heißt, wir sind als Individuen einem permanenten Wandel ausgesetzt. Aber das einzige, was wir oft nicht wollen, ist die Veränderung. Wir versuchen, an Gewohntem festzuhalten. Dabei ist die einzige Konstante der Wandel selbst.
Und da kommt die Beratung ins Spiel: Wir zeigen Wege für Veränderung auf. Eine Veränderung, die notwendig ist, weil Stillstand Rückschritt bedeutet. Die Umwelt und die Rahmenbedingungen verändern sich. Und damit müssen sich Organisationen und Unternehmen auch verändern. Aber es gibt wahnsinniges Beharrungsvermögen in großen Organisationen. Das, was wir machen, ist, als Change Agent zu fungieren – als jemand, der Wandel herbeiführt oder unterstützt. Und deswegen habe ich für mich definiert: Die Aufgabe, die ich hier erfülle, ist, mir zu überlegen, wie ich diese Resistenz gegen den Wandel überwinden helfen kann.
Was machen Sie sonst so an Ihren freigeschaufelten Wochenenden?
Ich versuche viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen, gehe gerne in der Natur spazieren und segeln. Und ich gehe gern ins Kino und ich höre gerne Jazz-Musik. Meinem Kollegen und Partner Walter Maderner höre ich da besonders gerne zu. Und ich genieße gutes Essen.
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