Philip Wolfsteiner | März 20, 2018

Benchmarking von Standorten: 10 Schritte zur besseren Vergleichbarkeit

Kommt Ihnen diese Situation bekannt vor? Im Management-Meeting der Holding wird betont wie hervorragend und kostengünstig die bulgarische Tochtergesellschaft aufgestellt ist. In den Kennzahlen, speziell in den direkten Kosten liegt sie weit voran. Den Leitern der Standorte in Österreich, Deutschland und der Schweiz wird empfohlen ähnliche Niveaus zu erreichen und Maßnahmen vorzuschlagen sich diesen Werten anzunähern – sie sollten sich Bulgarien zum Vorbild nehmen.

Aber sind das realistische Ziele? Kann man diese Standorte wirklich vergleichen? Sollte man nicht die unterschiedlichen technischen Voraussetzungen einbeziehen? Werden hier passende Kennzahlen verglichen? Es folgt eine hitzige Diskussion über die Ableitung der finanziellen Kennzahlen, die wirkliche Vergleichbarkeit der Werke, missverstandene Reportinganforderungen, Sondereffekte und die Sinnhaftigkeit von Zielen, die auf wenig transparenten Werten beruhen.

So wird das Thema zerredet, ungelöst und vertagt … in der Führung und bei den leitenden Mitarbeitern aber verbleibt ein Gefühl hoher Unsicherheit und Frustration …

Ein bekanntes Szenario? Was tun?

Wie Benchmarking Sinn ergibt

Man kann sich mit den Besten der Besten vergleichen, daraus lernen und auch Organisationen in einen Benchmarking-Prozess vergleichen. In letzten Beiträgen haben wir kurz die Methodik vorgestellt und auch einen Anwendungsfall, der etwas außerhalb der üblichen Fragestellungen liegt.

Benchmarking kann aber auch insbesondere dann sehr wertvolle Beiträge liefern, wenn es gilt innerhalb der eigenen Organisation mehrere Standorte mit ähnlichen Wertschöpfungsprozessen zu vergleichen, daraus die entscheidenden Schlüsse für Kosten-Potentiale zu ziehen, diese in die Planung der Folgejahre einzuarbeiten und zuletzt die Zielerreichung durch geeignete Maßnahmen abzusichern.

Entscheidend ist, die finanziellen Kennzahlen um Faktorpreis-Unterschiede zu bereinigen, regional unterschiedliche Rahmenbedingungen und Voraussetzungen auf ihre Relevanz zu prüfen, technische Bedingungen zu berücksichtigen und somit die Voraussetzungen für einen neutralen Produktivitätsvergleich und die Akzeptanz für Potentiale zu schaffen.

10 Schritte um Standorte vergleichbar zu machen

Wie ist aber nun vorzugehen, wenn es darum geht mehr als 25 Produktions- oder Vertriebs- und Servicestandorte zu vergleichen, bei z.T. abweichenden Technologien, Kapazitäten, deutlich unterschiedlichen Faktorkosten (von Löhnen über Energie bis zu Rohstoffen) und manchmal auch abweichenden Wertschöpfungsketten.

In mehreren Kundenprojekten haben wir einen detaillierten Fahrplan entwickelt, wie in 10 Schritten die verschiedenen Standorte einer Flächenorganisation vergleichbar gemacht und aus den bereinigten Kennzahlen dann Maßnahmen zur Verbesserung aller Einheiten entwickelt werden können.

  1. Klare Kommunikation: Die Ziele und die Erwartungen sind von der Unternehmensführung klar zu kommunizieren
  2. Scoping: Definieren und Abgrenzen eines einheitlichen Untersuchungsrahmens
  3. Prozess-Orientierung: Entwicklung eines einheitlichen Prozessmodells
  4. Fakten-Orientierung: Definition der Key Performance Indikatoren, die die Effizienz der Prozesse abbilden
  5. Transparenz: Klare Formulierung von Datenanforderungen
  6. Sicherstellung der Kooperation: Aufnahme und Plausibilisierung der entsprechenden Parameter aus den dezentralen Einheiten
  7. Maximierung der Vergleichbarkeit: Reduktion von Unterschieden zwischen den Standorten
  8. Analyse: Zusammenführung der Daten in einem Auswertungsmodell
  9. Aufbereitung, Interpretation und Diskussion der Ergebnisse: Komprimierung der Ergebnisse in aussagefähige (grafische) Darstellungen und Herausarbeiten der „reasons why“
  10. What gets measured gets done! Daher ist es wichtig die erarbeiteten Maßnahmen im Detail zu planen, zu bewerten,Verantwortlichkeiten zu definieren und die Umsetzung nachzuhalten

Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Schritte, typische Fehlerquellen und Tipps, wie Sie sie vermeiden können, finden Sie in unserem Guide Benchmarking von Standorten – 10 Schritte zur besseren Vergleichbarkeit.

Conclusio Benchmarking von Standorten und Vergleichbarkeit

Die Herausforderungen beim erstmaligen Erstellen dieses Benchmarking Tools sind hoch; es gilt Faktorpreisdifferenzen zu ermitteln, die technischen Parameter zu justieren, Sondereffekte zu berücksichtigen. Eventuell sind die Zuordnungen von Kostenstellen und Mitarbeitern neu festzulegen, manche Daten sind nicht durchgehend verfügbar und die Abgrenzungen sind einheitlich durchzuführen.

Ist dieser interne Benchmarking-Prozess aber einmal aufgestellt und die Auswertungslogiken klar, dann steht einer regelmäßigen, effizienten Durchführung nichts im Wege. Mit der besseren Vergleichbarkeit und höheren Transparenz der Performance können Diskussionen vermieden werden und die Akzeptanz von notwendigen Maßnahmen steigt.

Spätestens nach erfolgreicher Umsetzung, wenn die Potentiale realisiert wurden und die KPIs den Fortschritt deutlich machen, wird zudem der Ehrgeiz geweckt und so werden in einem Klima größerer Offenheit weitere Steigerungen der Performance möglich!

In unserem Eingangsbeispiel hat sich nach Berücksichtigung aller Faktoren gezeigt, dass doch nicht die bulgarische Einheit, sondern der deutsche Standort in beinahe allen Parametern vorne lag. Somit wurde dann auch klar, wer von wem lernen sollte!

Weiterführende Informationen finden Sie in unserem Guide “Benchmarking von Standorten – 10 Schritte zur besseren Vergleichbarkeit”.

 

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