Philip Wolfsteiner | Februar 14, 2023

Benchmarking: 5 häufige Fehler in der Praxis

Ein gut gemeinter Versuch. Dabei bleibt es oft, wenn Industrieunternehmen Benchmarking betreiben. Die erhofften Effekte bringt der Vergleich nämlich in vielen Fällen nicht. Zu unklar sind die Fragestellungen, die mithilfe des Benchmarkings gelöst werden sollen. Zu hartnäckig die Widerstände, sich die eigenen Defizite einzugestehen. Am Ende landen die Ergebnisse oft als umfangreiche Kennzahlenberichte in der Schublade, die mitunter enorme Aufwände produziert haben, aber keine Veränderung.

Das systematische Lernen von anderen kann die Unternehmensentwicklung stark beschleunigen. Gerade mit Blick auf den steigenden Kosten- und Wettbewerbsdruck ist Benchmarking eine effektive Methode, um Verbesserungspotenziale aufzudecken und Wettbewerbsvorteile zu erkennen. Dabei vergleicht man zum Beispiel die Kostenstruktur der eigenen Produktion mit der von anderen Unternehmensbereichen im eigenen Konzern oder von externen Playern. Die Ergebnisse können Aufschluss geben über ihre Leistungs- und Zukunftsfähigkeit. Bei genauerem Blick lassen sich Optimierungsfelder und konkrete Handlungsbedarfe identifizieren. Ein wertvolles Instrument also, um knappe Unternehmensressourcen gewinnbringend einzusetzen.

Soweit die Theorie. In der Praxis wird das Potenzial von Benchmarking selten vollständig ausgeschöpft. Die Ursachen dafür finden sich typischerweise auf der Umsetzungsebene und im Mindset. 5 häufige Fehler, die uns als Berater:innen immer wieder begegnen, sind:

1. Rückwärtsgewandte Perspektive
In vielen Fällen wird Benchmarking nicht als Ansatz zur Verbesserung gesehen, sondern zur Verteidigung der eigenen Position eingesetzt. Festgestellte Defizite werden dann wegargumentiert, vergangene Entscheidungen gerechtfertigt. Wer sich angesichts unbequemer Wahrheiten in Erklärungsnot sieht, stellt außerdem oft die Verlässlichkeit der Ergebnisse bzw. die Zulässigkeit der Vergleiche infrage. Widerstände wie diese können selbst das robusteste Benchmarking nutzlos machen. Sie sind meist das Ergebnis einer fehlgeleiteten Unternehmenskultur, in der auf Fehlentscheidungen und Defizite mit Verurteilung statt Lernbereitschaft reagiert wird. Um Benchmarking erfolgreich anwenden zu können, braucht es demnach vor allem einen konstruktiven Umgang mit Kritik und Offenheit für Veränderungen. Unter diesen Voraussetzungen kann der Vergleich auch über Vergangenheitsbewältigung hinaus Mehrwert stiften und Anregungen schaffen, um gemeinsam bessere Ergebnisse erreichen zu können.

2. Ausufernder Analyseumfang
Ohne konkrete Ausgangsfrage kann Benchmarking erfahrungsgemäß nur unschlüssige Ergebnisse liefern. KPIs werden dann oft wahllos und in enormem Umfang erhoben. Am Ende kommen dabei dicke Kennzahlenberichte heraus, aus denen sich aber keine Erkenntnisse ziehen lassen, da die Zusammenhänge in der Informationsflut untergehen. Spezifische Handlungsbedarfe bleiben in diesen Fällen meist unerkannt. Das ist ein doppelter Verlust: Einerseits verspielt man so die Chance, wertvolle Verbesserungspotenziale aufzudecken. Andererseits verschwendet das Unternehmen kostbare zeitliche und budgetäre Ressourcen für eine Informationserhebung, die schlussendlich folgenlos ist. Deshalb ist es wesentlich, die Aufwände gezielt dort einzusetzen, wo relevante Problemstellungen bzw. hinreichende Vergleichbarkeiten bestehen.

3. Mangelhafte Ursachenforschung
Mit der Identifizierung von Performance-Gaps im Zuge des Benchmarkings ist erst die halbe Arbeit getan. Entscheidend ist im nächsten Schritt die kritische Auseinandersetzung mit möglichen Ursachen, um einen gemeinsamen Lernprozess zu ermöglichen. Es mag zwar spannend sein zu wissen, in welchen Bereichen das eigene Unternehmen bzw. Team besser oder schlechter abschneidet als andere. Allerdings darf nicht vergessen werden, zu fragen: Wie kommen die Leistungsunterschiede zustande? Nur so lässt sich herausfinden, wie man von den Erfolgen und Lösungen anderer lernen kann. Selbstverständlich ist das im konzerninternen Kontext einfacher als im Benchmarking mit externen Unternehmen. Dennoch lassen sich mit gezielter Recherche oft auch im Marktumfeld zuverlässige Schlussfolgerungen ziehen.

4. Fehlende Vergleichbarkeiten
Vielfach werden Vergleichsgrößen nicht einheitlich definiert, was die Aussagekraft ihrer Gegenüberstellung massiv beeinträchtigen kann. Auch bei konzerninternen Benchmarkings – wo dieser Fehler vergleichsweise einfach vermieden werden könnte –  bleiben wesentliche Unterschiede (z. B. bei den Faktorpreisen) oft unberücksichtigt. Ohne entsprechende Bereinigung ist ein Standort-Benchmarking bei stark variierenden Faktorpreisniveaus schlichtweg bedeutungslos. Mehr dazu erfahren Sie im Download. Ähnliches gilt für die Definition von Kennzahlen: Unsere Erfahrung zeigt, dass dieselben KPIs innerhalb eines Unternehmens oftmals unterschiedlich definiert sind und errechnet werden. Beim Umsatz pro Vertriebsperson können beispielsweise sowohl der Umsatz als auch die Vertriebspersonen unterschiedlich interpretiert werden. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, vorab zu bestimmen, ob Brutto- oder Nettoumsätze gemeint sind, ob unternehmensinterne Umsätze integriert werden sollen und sich die Kennzahl auf alle Produktgruppen bezieht oder nur auf eine Auswahl. Gleichermaßen ist bei den Vertriebspersonen zu definieren, ob Innendienst oder Anwendungstechnik mitgemeint sind oder nicht. Wer in diesen Fragen vorab für Klarheit sorgt, kann die Qualität von Benchmarking-Ergebnissen deutlich steigern und erspart sich im Nachgang die Erklärungsschleifen.

5. Benchmarking als Selbstzweck
Wichtig ist, Benchmarking als Startpunkt einer perspektivischen Entwicklung zu verstehen, denn es erfüllt keinen Selbstzweck. Die Analyseergebnisse können wertvolle Erkenntnisse liefern – wer die Unternehmens- oder Bereichssteuerung allerdings nicht daran ausrichtet, hat nichts gewonnen. Deshalb gilt es, basierend auf dem Benchmarking, konkrete Maßnahmen zu definieren und nachzuhalten. Es braucht dementsprechend ein langfristiges Commitment und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, um die Optimierungspotenziale im Unternehmen zu realisieren.

Was einen gut gemeinten Versuch von einem erfolgreichen unterscheidet, ist der Wille, aus eigenen und fremden Fehlern zu lernen. Die 5 häufigsten haben wir hier für Sie zusammengefasst, damit Sie sie bei Ihrem Benchmarking vermeiden können. Wo man dabei ansetzt und welche Kennzahlen bzw. Input-Output-Relationen in Ihrem Fall relevant sein könnten, lesen Sie im kostenlosen Download. Viel Erfolg!

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